110 – Oliver findet einen Freund fürs Leben
Es war ein herrlicher Sommertag. Sanftblau wölbte sich der Himmel über dem saftig-grünen Land. Es war ein Tag, an dem Wünsche und Wachträume das Herz mit einer seltsamen Unruhe erfüllten.
Die schwermütigen Gedanken wichen von Dr. Clemens Wendt, als er die idyllische Landschaft vor sich erblickte. So romantisch hatte er sich die Umgebung des Kinderheims Sophienlust doch nicht vorgestellt. Nun war er ganz sicher, dass sein kleiner Oliver sich dort schnell einleben und auch wohlfühlen würde.
Erleichtert atmete der Fabrikant auf. Er blickte seinen neben ihm sitzenden dreijährigen Sohn an. Noch wusste dieser nicht, dass er ihn in ein Kinderheim brachte, in dem er für die nächsten Wochen bleiben sollte, so lange, bis er seine ehelichen Probleme bereinigt hatte. Erst dann wollte er das Kind wieder heimholen.
»Vati, was steht denn dort auf dem Schild?«, fragte der Dreijährige nun wissbegierig.
»›Wildmoos‹, Oliver. Das ist der Name dieses Dorfes.«
»Wohin fahren wir denn, Vati?« Die großen blauen Augen des Jungen richteten sich auf Clemens Wendt, der sichtlich mit der Antwort zögerte. Er schwieg auch noch, als sie bereits durch das Dorf fuhren. Doch dann ließ er den Wagen ausrollen.
Rein zufällig war der Wagen neben einem ähnlichen Wegweiser stehen geblieben, wie er bereits an der Autobahnausfahrt zu sehen gewesen war. Diesen zweiten holzgeschnitzten Wegweiser sah Clemens als einen Wink des Schicksals an. »Schau doch, Oliver, wie hübsch der Wegweiser ist«, meinte er.
»Ja, Vati! Was ist das für ein Vogel in dem Käfig?« Interessiert richtete sich das Kind auf seinem Sitz auf.
»In dem Vogelkäfig, vor dem der Junge