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Leni Behrendt nimmt längst den Rang eines Klassikers der Gegenwart ein. Mit großem Einfühlungsvermögen charakterisiert sie Land und Leute. Über allem steht die Liebe. Leni Behrendt entwickelt Frauenschicksale, wie sie eindrucksvoller nicht gestaltet werden können.
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59 – Viel Leid um Heimat und Liebe

Nr.: 59
Veröffentlichung: 2. Mai 2023
Erscheinungsweise: alle 2 Wochen
Seitanzahl: 100
Autor: Leni Behrendt
Artikel-Nr.: 9783987578335
Schon länger als eine Stunde wartete die schöne Frau in dem dürftigen Zimmer. Auch ein Mensch mit weniger großen Ansprüchen als diese elegante Weltdame hätte den Raum schauderhaft gefunden. Es war das billigste Zimmer in einem schlechtgeleiteten Hotel. Es mußte ihm noch viel schlechter gehen, als sie angenommen hatte, sonst würde er sich keinesfalls in dieses armselige Quartier verkrochen haben. Da mußte es ihr doch leichtfallen, ihn zurückzugewinnen; und er würde mit tausend Freuden in die Verhältnisse zurückkehren, in denen er noch vor einem halben Jahr gelebt hatte. Ihn von neuem bei sich haben, seine heißen Küsse trinken – das würde wieder Leben heißen! Nicht dieses Dahintrotten an der Seite des alternden Mannes, der ihr mit jedem Tage mehr auf die Nerven fiel. Wie anders war doch der andere – er, auf den sie hier in Ungeduld wartete! Wie sie ihn liebte, den kühlen blonden Recken, diesen echten Sohn seiner waldumrauschten Heimat. Und diese tiefgewurzelte Liebe zur Heimat war eine starke Verbündete für sie, denn die Kränkung, die sie ihm mit ihrem Treubruch angetan hatte, würde sofort vergessen sein, wenn er mit ihrer Hilfe wieder in sein so leidenschaftlich geliebtes Schloß am Meer zurückkehren konnte. Die wartende Frau verlor sich in Träume, die alle um Wulf Rüdersloh kreisten, und vergegenwärtigte sich die seligen Stunden, die sie kurze Zeit als seine Braut durchleben durfte und die sie dann eintauschte für ein Leben, das wohl reich war an Geld – aber bettelarm an Glück. Immer sehnsüchtiger dachte sie an Wulf Rüdersloh – und schrak doch zusammen, als der Mann die Tür öffnete. Augenblickslang verhielt er den Schritt – denn diese Frau hatte er wirklich nicht hier zu sehen erwartet. »Wulf, lieberWulf!« »Ah, Gnädigste – sehr nett, daß Sie mich in meiner Verbannung aufsuchen! Ein bißchen öde hier für eine schöne Frau! Wollen Sie nicht wieder Platz nehmen? Sagen Sie bitte nicht nein, sondern erbarmen Sie sich eines einsamen Junggesellen, leisten Sie ihm ein wenig Gesellschaft.« »Wulf!« stieß sie hervor, »Wulf – so sprichst du mit mir?

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