119 – Armes reiches Madl
Bürgermeister Fellbacher wartete vor dem Rathaus. Gegenüber, vor der Kirche, stand sein Freund, Pfarrer Zandler.
Er unterhielt sich mit zwei älteren Frauen, die Gießkannen trugen. Der Geistliche sah zu Fellbacher herüber.
»Hast einen Augenblick Zeit?«, rief Fellbacher ihm zu und winkte mit beiden Armen.
In diesem Augenblick hielt Toni mit seinen Geländewagen an.
»Grüß dich, Fellbacher! Mei, machst Frühgymnastik auf der Straße?«
»Red keinen Schmarrn, Toni!«, schnauzte Fellbacher ihn an.
»Mei, Fellbacher, man wird doch noch einen Scherz machen dürfen? Hast schlechte Laune?«
»Ich habe keine schlechte Laune!«
»Dann hast dich geärgert, wie?«
»Geärgert, des ist eine Untertreibung! Ich bin sauer. Des werden mir diese Hornochsen büßen!« Fellbacher war außer sich.
»Ich stell mein Auto ab und komm einen Augenblick ins Rathaus. Dann kannst mir alles erzählen.«
Toni stellte den Geländewagen ab.
Fellbacher winkte dem Pfarrer erneut zu und rief:
»Beeil dich, es ist dringend, hörst du!«
Pfarrer Zandler kam über die Straße.
»Mei, Fritz, ich war gerade in einem seelsorgerischen Gespräch.«
»Des kannst bei mir gleich fortsetzen. Ich bin außer mir und würde am liebsten losschlagen. Komm mit rein und du auch, Toni. Dann zeig ich euch etwas. Der Tassilo hat mir gerade des Schreiben gefaxt.«
Mit großen Schritten stürmte Fellbacher ins Rathaus.
»Kaffee!«, rief er laut seiner Vorzimmerdame zu.
In seinem Amtszimmer bat er Pfarrer Zandler und Toni, sich zu setzen.
»Im Stehen gebe ich euch des net zu lesen. Des könnte euch umhauen. Des ist so eine Unverschämtheit! Mei, ich bin so aufgebracht, dass ich für nichts garantieren könnte, wäre einer dieser Hornochsen hier. Da würde ich meine gute Kinderstube glatt vergessen und draufhauen würd’ ich –