
102 – Ike Clanton
Sternklare Nacht lag über Tombstone.
Von der Fremontstreet her schlichen sich zwei Männer mit kleinen, gedrungenen Mexikanergestalten durch eine Quergasse der Allenstreet zu. Dicht an den Häuserfronten entlang, jede Türnische und jeden Schlagschatten ausnutzend, erreichten sie die Ecke der Bank of Tombstone.
Hier blieben sie lauschend stehen.
Dann nahm der eine ein kräftiges Stoffstück aus der Tasche, tauchte es kurz in eine Pferdetränke und rieb es dick mit Schmierseife ein. Den feuchten, schweren Lappen preßte er auf eines der unteren Fenster, drückte dagegen, und das dumpfe, berstende Geräusch des Glases war unter dem raffiniertem Dämpfer kaum zu hören.
Der Mann nahm das Tuch mit den daran haftenden Scherben zurück und legte es vorsichtig auf den Boden nieder. Dann griff er durch das Loch in der Scheibe und stieg in den Kassenraum ein.
Der andere stand indessen an der Straßenecke und hielt nach allen Seiten Ausschau.
Als er plötzlich zwei Männer aus dem Oriental Saloon kommen sah, pfiff er leise den Arabia-Song, der dem Komplicen in der Bank sagte, daß er sich völlig still zu verhalten hatte.
Bewegungslos verharrte der Eindringling neben dem Fenster und lauschte nach draußen.
Es dauerte nicht sehr lange, und der Schmieresteher gab ihm durch einen anderen Pfiff das Signal, die Arbeit fortzusetzen.
Der kleine krummbeinige Kid McAllister war Fachmann, er verstand sich auf das lautlose Zertrümmern von Fenstern, auf Tresors und Kassenschlösser.
Er erbeutete in anderthalb Stunden 25.000 Dollar in Scheinen.
Eine ungeheure Summe!
Es war der frechste Bankraub, den Tombstone je erlebt hatte. Auch in der Folgezeit hat diese Summe niemand mehr ›erreicht‹.
Kid McAllister und Joke Dundee