
394 – Du gehst zu weit, Adina
»Ich muß sofort Herrn Kayser sprechen!«
Birgit Keller stellte das Filigrankästchen, das sie für eine Kundin aus dem Schaufenster genommen hatte, zurück und drehte sich um. Vor ihr stand eine Frau von Mitte Fünfzig. Sie trug ein graues, ziemlich altmodisches Tweedkostüm und halbhohe Pumps. Die Finger ihrer linken Hand umfaßten den Griff einer unförmigen Tasche.
»Herr Kayser hat gerade Geschäftsbesuch«, sagte Birgit freundlich. »Vielleicht kann ich Ihnen auch helfen. Um was handelt es sich denn bitte?«
»Sie können mir ganz gewiß nicht helfen, trotzdem danke für Ihr Angebot.«
Das Gesicht der Frau drückte eiserne Entschlossenheit aus. Sie ging zum Ladentisch und trommelte aufgeregt mit den Fingern darauf herum.
»Wenn Sie warten wollen, nehmen Sie doch bitte einen Moment Platz.« Birgit wies auf einen hochbeinigen Gobelinstuhl, der neben einem buntbemalten Bauernschrank stand.
»Danke!« Die Frau setzte sich und stellte die große Handtasche neben sich. »So geht’s nicht weiter«, schimpfte sie leise vor sich hin. »Ich bin ja allerhand gewohnt, aber was zuviel ist, ist zuviel. Ich bin doch nicht das Dienstmädchen einer Zehnjährigen.