103 – Eine Mami kommt ins Haus
»Regine, du hast bei deinen enthusiastischen Berichten über Sophienlust wirklich nicht übertrieben. Wenn Frau von Schoenecker nichts dagegen hätte, würde ich gern noch den Rest meines Urlaubes hierbleiben.«
Renate Hagen, fünfundzwanzig Jahre alt, mit auffallend schönen braunen Augen und dunklen Haaren, wandte sich ihrer langjährigen Freundin zu, die hier nach dem Tod ihres Mannes und ihrer kleinen Tochter Elke eine zweite Heimat gefunden hatte. »Nun kann ich auch verstehen, weshalb du nicht am Leben verzweifelt bist«, fügte sie nach einer Weile leiser hinzu.
»Am meisten hat mir Frau von Schoenecker geholfen. Ohne sie hätte ich nicht die Kraft aufgebracht, weiterzuleben. Es ist eine lohnende Aufgabe, für Kinder zu sorgen«, erklärte Schwester Regine.
»Die Kinder hier sind ganz anders als anderswo. Bisher ist noch keines in meiner Gegenwart ausfallend geworden. Als Krankenschwester komme ich mit vielen Menschen zusammen und auch mit unzähligen Kindern. Leider habe ich die bittere Erfahrung gemacht, dass gerade Kinder einem das Leben vergällen können.«
»Wenn Kinder so sind, dann liegt es nur an ihrer Umgebung«, meinte die Kinderschwester von Sophienlust. »Kein Kind ist von Natur aus wirklich böse. Jedes Kind sehnt sich nach Liebe und Verständnis.«
»Beides wird den Kindern hier zuteil«, stellte Schwester Renate fest. Dabei steckte sie ihr volles dunkles Haar vor dem Spiegel auf. »Hier in Sophienlust wäre ich ganz gern Kinderschwester geworden.« Sie warf einen letzten prüfenden Blick in den Spiegel. »Ich glaube, ich habe hier schon zugenommen«, erklärte sie mit einem Seufzer. »Eure Köchin kocht viel zu gut. Ab heute muss ich mich mit dem Essen ein