
120 – Nur geduldet – nicht geliebt
Als helles Tageslicht ins Zimmer flutete, kniff Heidi noch einmal ganz fest die Augen zusammen.
»Steh auf, du Faulpelz«, hörte sie Henriks Stimme. »Es ist schon spät.«
Heidi setzte sich im Bett auf und rieb sich die Augen. »Wie spät?«, fragte sie und blinzelte den hübschen Jungen mit den grauen Augen und dem braunen Haarschopf an.
»Gleich halb acht. Und heute ist Sonnabend. Da haben wir doch schulfrei. Deshalb kann ich ja auch mit dir und Mutti nach Maibach fahren.«
Heidi fiel nun wieder ein, dass sie an diesem Tag ein neues Kleid bekommen sollte. Sie wünschte sich ein rotes mit weißen Punkten. Oder sollte sie sich vielleicht doch lieber für ein himmelblaues mit bunten Blümchen entscheiden?
»Ich stehe schon auf«, sagte sie voller Freude und schob die Bettdecke zurück.
Mit Schwester Regines Hilfe war die Kleine schnell angezogen. Kritisch musterte sie sich im Spiegel. »Findest du nicht auch, dass dieses Kleid schon sehr abgetragen ist?«, fragte sie geringschätzig und rümpfte die Nase.