
35 – Das Haus, in dem der Tod umgeht
In der Nacht hatte ich wieder einen Alptraum. Eine Stimme rief mich. War es die Stimme Tante Claires? Ich mußte nach ihr suchen. Draußen war es so dunkel, daß ich kaum etwas sehen konnte. Hin und wieder funkelte der Mond wie ein grelles Auge aus Neonlicht durch Wolkenfetzen. Ich zitterte im kalten Hauch des Sturms wie ein Blatt im Wind. Das Donnern der Brandung dröhnte mir in den Ohren. Und wieder dieser Schrei: »Meggy, Meggy!« Ich taumelte, stürzte. Brennender Schmerz brachte mich zur Besinnung. Jemand umkrallte meine Schultern und schüttelte mich mit aller Kraft. Und plötzlich wußte ich, daß es kein Traum war…
»Wir haben es bald geschafft!« Rex Bradley, mein Mann, drehte sich flüchtig zu mir um. Er lachte. Eine dunkle Haarsträhne hing ihm verwegen in die Stirn. »Halt dich gut fest, Liebling! Jetzt wird es ein wenig turbulent.«
Durch das Fenster erhaschte ich im Vorbeifahren windzerzauste kalte Bäume, die anklagend ihre Äste in den Himmel reckten. Der Wagen schwankte im heftigen Wind. Er holperte über den unebenen Boden wie ein bockendes Pferd. Mit beiden Händen umklammerte ich die Rücklehne und versuchte, so gut wie möglich die unangenehmen Stöße der Räder aufzufangen.
Mir war entsetzlich übel und mein Kopf schmerzte. Was ich durchs Wagenfenster sah, war auch nicht gerade dazu angetan, meine Lebensgeister zu heben. Eine trostlose graue Gegend. Ähnlich hatte ich mir immer das Ende der Welt vorgestellt.
Es dämmerte bereits. Am fahlblauen Himmel jagten schwarze Wolkenfetzen dahin. Trotz des Motorengeräusches hörte ich ein fernes Donnern. In Serpentinen schlängelte sich der ungepflasterte