
30 – Erbe des Schreckens
Als Linda aufwachte, war es noch sehr früh. Die Sonne mochte gerade aufgegangen sein, irgendwo krähte ein Hahn. Sie lächelte. Ja, diese
Idylle hatte sie sich manchmal gewünscht, als sie noch in San Francisco gewesen war. Genau diese Ruhe und Zufriedenheit kannte sie von der Ranch ihrer Freundin. Sie hatte sich dort immer besonders wohl gefühlt, aber in der letzten Zeit war sie in San Francisco in ihrem Beruf so eingespannt gewesen, daß ihr wenig Zeit blieb, ihre Freundin zu besuchen. Sie stand auf, reckte sich behaglich und ging auf den Balkon hinaus. Wieder war ein eigenartiges knackendes Geräusch zu hören, und ehe sie sich versah, brach der Balkon unter ihr zusammen. Sie konnte sich gerade noch an der Eisenstange festhalten, dann brach auch der Rest der Steine unter ihr ab. Linda schrie verzweifelt um Hilfe…
Die meisten Passagiere schliefen. Trotz des Halbdunkels in der Maschine konnte Linda Krüger nicht schlafen, sie war aufgeregt und erwartungsvoll der Dinge, die sie in Berlin erwarten würden.
Sie wandte den Kopf und sah aus dem Fenster. Sie flogen jetzt in einer Höhe von elftausend Metern. Eine unendliche schwarze Nacht dehnte sich über ihnen aus. Sie flogen über den Wolken fast lautlos dahin. Linda Krüger stellte sich vor, daß tief unter ihnen Menschen lebten mit ihren Problemen und Sorgen. Es war fast unwirklich, eine Ahnung der Unendlichkeit.
Sie zog die Schultern zusammen, einen Augenblick lang kroch Angst in ihr hoch, sie fror plötzlich. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Wenn sie in Rom ankamen, würde die Sonne