93 – Glück und Leid auf dem Brennerhof
Thomas Brenner hielt den Wagen an und stieg aus. Tief atmete der junge Mann die frische Bergluft ein. Sein Blick glitt über die Gipfel, den strahlendblauen Himmel, und er genoß den strahlenden Sonnenschein.
›Himmelsspitz‹ und ›Wintermaid‹ – wie oft hatte er diese Berge bestiegen und sich in luftiger Höhe an der Schönheit der Natur erfreut!
Unterhalb der Bergstraße sah er das Dorf liegen. St. Johann schien sich nicht verändert zu haben, in all den Jahren, und Thomas fühlte wieder das starke Gefühl, das ihn nach so langer Zeit in die Heimat zurückgetrieben hatte.
Versonnen blickte er über die Häuser, auf den schlanken Turm der Kirche, die grünen Wiesen dahinter. Über ihm ragte der Kogler auf. Auch ihn hatte Thomas oft bestiegen, war über die ›Kleine Wand‹ geklettert, hatte die Kachlachklamm überquert und die Sennerhütte auf der Streusachalm besucht, oder das Ausflugsziel vieler Wandergruppen, die Hütte am Wendelstein.
Ja, er war wieder daheim, und das Herz ging ihm bei diesem Anblick über.
Thomas war so in Gedanken versunken, daß er den einsamen Wanderer nicht bemerkte, der den schmalen Weg herunterkam und auf den Parkplatz zusteuerte. Der Mann näherte sich, nickte grüßend und blieb stehen.
»Thomas?« fragte Sebastian Trenker überrascht. »Thomas Brenner, bist du’s wirklich?«
Die Augen des Burschen leuchteten auf, als er den guten Hirten von St. Johann erkannte.
»Ja, Hochwürden«, nickte er lachend. »Grüß Gott. Sind S’ wieder mal auf Tour gewesen?«
Der Geistliche schüttelte ihm die Hand.
»Ich hab’ einen Besuch auf der Streusachhütte gemacht«, erzählte er und blickte den Heimgekehrten forschend an. »Und du? Hast’ es net mehr