
407 – Schweigende Schönheit
»Servus, Franz«, begrüßte Sebastian Trenker den alten Senner.
Franz Rohlingers dunkle Augen blitzten vor Vergnügen auf, als er den Bergpfarrer erkannte.
»Grüß Gott, Hochwürden«, sagte er. »Schön, daß Sie sich auch einmal wieder sehen lassen. Nehmen S’ doch Platz. Ich hol’ Ihnen gleich ein Glaserl Milch.«
Wie alle Senner auf den umliegenden Almen, so wußte auch er, daß es für den guten Hirten von St. Johann nichts Schöneres nach einem Aufstieg gab, als ein Glas kühler Alpenmilch. Er verschwand im Inneren der Hütte, während Sebastian sich auf der Bank davor niederließ.
Hier auf der Selchner-Alm gab es keine richtige Hüttenwirtschaft. In erster Linie produzierte Franz einen erstklassigen Bergkäse. Verirrten sich doch ab und an ein paar Wandersleut’ hierher, was durchaus vorkam, wurden sie dennoch von dem alten Senner bewirtet. Zumindest eine warme Mahlzeit hielt er immer bereit, und natürlich gab es auch einige Getränke.
Sebastian lehnte sich an die Hüttenwand und schaute zufrieden auf das einmalig schöne Bild, das sich ihm bot. Weit ging sein Blick ins Wachnertal hinunter, über das satte Grün der Almwiesen und dem schroffen Gestein der Berge. In der Ferne zeigten sich die Zwillingsgipfel, »Himmelspitz« und »Wintermaid«. Hinter sich hörte er das Geläut der Glocken, die die Kühe um die Hälse trugen.