
392 – Der Erbe vom Lindnerhof?
Norbert Winkler zerrte Melanie Burmeister mit sich. »Weiter!«, kommandierte er barsch. »Beeil dich!«
Die junge Frau keuchte und rang nach Luft. Nachdem ihr Verlobter sie fast vierundzwanzig Stunden in der Streusachhütte eingesperrt und gefangen gehalten hatte, war er schließlich zurückgekommen und hatte die Fesseln an ihren Füßen gelöst.
»Steh’ auf!«
Mit zitternden Knien stand Melanie auf den Beinen, die fürchterlich kribbelten, als die Blutzirkulation wieder in Gang kam.
»Hast du keinen Hunger?«, wollte Winkler wissen.
Sie schüttelte den Kopf. Am Morgen war er schon einmal in die Hütte gekommen und hatte ihr Essen und Trinken gebracht. Allerdings hatte Melanie nur getrunken, die belegten Semmeln lehnte sie ab.
Achtlos gab Winkler der Tüte einen Tritt, die in der Ecke landete, und nahm Melanies Arm.
»Vorwärts!«
Das grelle Sonnenlicht blendete die ›Frau ohne Gedächtnis‹, und sie schloss für einen Moment die Augen.
»Was hast du vor?«, fragte sie. »Wohin bringst du mich?«
Ihr Verlobter grinste. »Dorthin, wo hoffentlich deine Erinnerungen zurückkehren«, antwortete er und dirigierte sie einen breiten Weg hinunter.
Melanie hatte keine Ahnung, wo sie sich befand. Norbert hatte sie im Wald, als sie gerade zusammen mit Pascal Metzler Schwammerln suchte, betäubt und entführt. Als sie wieder erwachte, befand sie sich in einem dunklen Raum, der, wie sich jetzt herausstellte, zu einer Hütte gehörte, in die Norbert Winkler sie gebracht hatte.
Vorausgegangen war dem ganzen Drama ein tragischer Unglücksfall, bei dem Melanie Burmeister beim Klettern abgestürzt war. Am Fuße der ›Kleinen Wand‹, einem bei Kletterern und Bergsteiger beliebter Felsen, war die ohnmächtig daliegende Frau gefunden worden. Sie wurde in die Bergklinik ›Nonnenhöhe‹ gebracht,