
181 – Julia und der eiserne Junggeselle
»Also, Frau Mertens, so wie ich es sehe, sind Sie schon wieder einigermaßen hergestellt«, erklärte Professor Bernhard. »Das bedeutet aber net, daß Sie gleich wieder loslegen und wie eine Wahnsinnige Sport treiben, vom Arbeiten ganz zu schweigen.«
»Aber was soll ich denn sonst machen?« fragte die junge Frau. »Die Hände in den Schoß zu legen, dafür fühl’ ich mich einfach zu gesund.«
»Gesund sind S’ ja auch! Aber ihr ganzer Organismus ist von der langen Krankheit noch so geschwächt, daß ich Ihnen nur dringend raten kann, eine Kur zu machen. Wenn S’ wollen, bereit’ ich die Unterlagen für Ihre Krankenkasse vor. Ich bin sicher, daß der Antrag net abgelehnt wird.«
Julia Mertens schürzte die Lippen.
»Ich weiß net«, antwortete sie. »Eine Kur? Das kann ich mir nun überhaupt net vorstellen. Den ganzen Tag mit lauter Kranken zusammen sein, strenge Regeln einhalten zu müssen und das ganze Brimborium. Also wirklich, Herr Professor…«
Ulrich Bernhard schmunzelte.
»Ich kann Sie ja versteh’n«, sagte er. »Aber es ist nun mal immens wichtig, daß Sie für ein paar Wochen in ganz anderer Umgebung sind und dafür halt’ ich die Berge am geeignetsten. In Bad Reichenhall wären S’ sehr gut aufgehoben. Wenn Sie allerdings partout nicht wollen…«
Julia sah ihn erwartungsvoll an. Sie war Mitte zwanzig, hatte blondes Haar, das zu einer modischen Pagenfrisur geschnitten war, und ein hübsches Gesicht. Die Nase war klein, der Mund schön geformt, und ihre Augen strahlten.
Allerdings hatten sie das in den vergangenen Monaten nicht getan. Ein Vierteljahr hatte Julia mit einer schweren Bronchitis zu kämpfen gehabt, die