
28 – An den Falschen geraten…
»Wellenlehre und Quantenphysik, Elektrophorese, Stochastik, zentrale Aspekte der Wirtschafts- und Rechtsordnung der Bundesrepublik Deutschland. Ist ja alles schön und gut. Das seh ich ja ein, dass das zur Allgemeinbildung gehört«, lamentierte Dési Norden, als sie an diesem Abend im Esszimmer über ihrer Deutsch-Hausaufgabe saß. »Aber wozu braucht ein Mensch eine strukturierte Textanalyse?« Sie überflog die paar Sätze, die sie in einstündiger Schwerstarbeit auf den Bildschirm ihres Laptops gebracht hatte.
»Die Beschäftigung mit einem mehr oder minder anspruchsvollen Text schult das Textverständnis und die Auffassungsgabe«, rief ihr Zwillingsbruder Janni, der gemeinsam mit seinen Eltern im Wohnzimmer saß und es sich gut gehen ließ.
»Damit scheint es bei dir ja auch nicht weit her zu sein. Sonst hättest du nicht neulich in Deutsch eine Fünf geschrieben«, schnaubte Dési und drückte zwei Tasten.
Wie von Zauberhand verschwand der Text vom Bildschirm. Mit einer entschiedenen Handbewegung klappte Dési den Laptop zu und gesellte sich zum Rest ihrer Familie, die von der stolzen Zahl sieben auf meist nur noch vier Mitglieder geschrumpft war.
Daniel schickte seinem jüngsten Sohn einen befremdeten Blick.
»Eine Fünf? Weiß ich davon?« In diese Frage hinein klingelte es an der Tür.
Erleichtert über die willkommene Unterbrechung sprang Jan auf.
»Klar. Hab ich dir erzählt.