
215 – Vergiss, was geschehen ist
Dr. Daniel Norden war Arzt mit Leib und Seele und immer bereit zu helfen, wo Hilfe nötig war, auch wenn es um Menschen ging, die er gar nicht kannte.
Am schlimmsten traf es ihn deshalb, wenn es keine Hilfe mehr geben konnte und ganz besonders an diesem Tag, als sein knapp neunjähriger Danny mit kreidebleichem Gesicht vor ihm stand und ihn mit schreckensvollen Augen anblickte.
Es war ein Dienstag, mittags halb ein Uhr. Dr. Norden war gerade von der Praxis heimgekommen, und als er aus dem Wagen stieg, sah er Danny schon angelaufen kommen.
Der Junge musste erst Luft holen, bevor er die Frage seines Vaters beantworten konnte, warum er denn so schnell renne.
»Bitte, komm, Papi, komm schnell. Im Wäldchen liegt ein Mädchen. Es rührt sich nicht.«
Daniel Norden stellte vorerst keine Fragen. Er saß schon wieder im Auto. »Steig ein, Danny, zeig mir die Stelle«, sagte er.
»Aber hinschauen möchte ich nicht mehr, Papi«, schluchzte der Junge auf.
»Brauchst du nicht. Wieso warst du im Wäldchen?«
»Wegen dem Baumsterben. Mit der Lehrerin sind wir gegangen, mit Frau Diepold«, stammelte der Junge. »Aber die ist auch ganz fertig. Halb ohnmächtig, Papi, bin so froh, dass ich dich gleich getroffen habe.«
Er war halt ein Arztsohn und trotz seiner jungen Jahre der Geistesgegenwärtigste gewesen. Man hatte sich auch auf ihn verlassen, weil sein Vater eben der Dr. Norden war. Und die arme Frau Diepold, nicht mehr die Jüngste und auch nicht die Gesündeste, wie Dr. Norden wusste, da Frau Diepold seine Patientin war, saß bebend auf einem Baumstumpf, umgeben