
200 – Die falsche Tochter
Der letzte Patient, der am Freitagvormittag Dr. Nordens Sprechzimmer betrat, sah eigentlich nicht krank aus. Er war groß, schlank und tief gebräunt. Sein Name war Rolf Walden. Dr. Norden kannte ihn noch nicht.
»Ich komme auf Empfehlung von Dr. Fernandez zu Ihnen, Herr Dr. Norden«, sagte er, »und ich soll Ihnen sehr herzliche Grüße ausrichten.«
»Oh«, mehr brachte Dr. Norden momentan nicht über die Lippen. Fernandez, Bolivien, das huschte ihm durch den Sinn, von dort kam also dieser Mann.
»Es freut mich«, sagte er nun aber doch hastig. »Ich habe lange nichts von Fernandez gehört.«
»Ihm bleibt ja auch kaum eine Minute Privatleben«, erklärte Rolf Walden. »Aber wenn wir mal eine halbe Stunde Zeit hatten, erzählte er von Ihnen, da er ja wusste, dass ich in München aufgewachsen bin. Und er erzählte von Dr. Cornelius und der Insel der Hoffnung. Er hat davon geträumt, eine solche Insel da drüben aufzubauen, aber er konnte sich diesen Traum nicht erfüllen. Die Armut ist zu groß und nur für die Reichen wollte er nicht da sein.«
Dr. Norden musterte Rolf Walden forschend. Zu den Armen schien der allerdings nicht zu gehören, wenn man nach seinem Auftreten und auch nach seiner Kleidung gehen wollte.
»Sie waren auch längere Zeit in Bolivien?«, fragte er.
»Zwanzig Jahre. Ein Onkel holte mich zu sich. Es ist mir gut gegangen, aber jetzt hat mich das Heimweh gepackt. Und mit der Gesundheit hapert es auch ein bisschen.«
»Ja, dann wollen wir mal sehen, was man für diese tun kann«, sagte Dr. Norden.
Vorerst konnte er nur feststellen, dass