
168 – Die große Angst in meinem Herzen
»Hallo, Jo-Ann, wie geht es heute?« begrüßte Dr. Daniel Norden das junge Mädchen, das jetzt sein Sprechzimmer betrat.
Das feine Gesicht bekam etwas mehr Farbe, und die Augen leuchteten auf, als der Arzt so aufmunternd lächelte.
Eigentlich hübsch konnte man Jo-Ann Kolding nicht bezeichnen, aber sie hatte ein sehr ausdrucksvolles Gesicht, wunderschöne topasfarbene Augen, die von einem dichten Kranz seidiger dunkler Wimpern umgeben waren und einen aparten Kontrast zu dem hellblonden Haar bildeten, das bis auf die Schultern herabfiel.
Dr. Norden mochte die junge
Deutschamerikanerin gern, die so gar nichts von dem forschen Auftreten hatte, das man von Teenagern allgemein gewohnt war. Ihre Kleidung war ebenso geschmackvoll wie dezent.
»Nun, wo drückt der Schuh, Jo-Ann?« fragte der Arzt väterlich.
»Die Erkältung ist schon viel besser, aber sonst fühle ich mich nicht besonders gut«, gab Jo-Ann zögernd zu.
Sie war aus dem warmen Florida gekommen und konnte sich an das recht rauhe Herbstwetter, das in München herrschte, nicht so recht gewöhnen.
»Dann sollten wir Sie einmal gründlich untersuchen«, sagte Dr. Norden besorgt.
Sie schüttelte leicht den Kopf. »Es ist etwas anderes, Herr Doktor. Ich brauche einen Rat. Die Atmosphäre bei meinen Verwandten bedrückt mich.«
Das also war es! Dr. Norden blickte auf die Uhr. Er mußte dringend Hausbesuche machen und konnte sich nicht viel Zeit nehmen für Jo-Ann, und wenn jemand seelischen Kummer hatte, konnte man ihn nicht mit ein paar Worten abspeisen.
»Darf ich Ihnen einen Vorschlag machen, Jo-Ann? Kommen Sie doch heute abend zu uns, dann können wir uns in behaglicher Atmosphäre über Ihren Kummer unterhalten. Oder haben Sie bereits