
167 – Der Tag, an dem das Wunder geschah
Kathy Kresslin kniete am Grab ihres Mannes und ordnete die Rosen in die Vasen. Ihre Augen brannten, aber weinen konnte sie nicht mehr. Ein Jahr war es jetzt her, daß Rainer ihr genommen worden war, nach achtmonatiger Ehe. Und wie glücklich waren sie gewesen, bis dieser schreckliche Unfall geschah.
Und wie ihre Augen brannten, so brannte in ihr der Schmerz um den geliebten verlorenen Mann. Aus der fröhlichen Kathy war eine stille, zerquälte Frau geworden, die bei kreischenden Bremsen und dem Ertönen des Martinshorns zu zittern begann und unter Zwangsvorstellungen litt.
Hier, auf dem Waldfriedhof, war es ganz still. Kathy war allein mit der Frage, die sie immer wieder bewegte. Warum? Warum hat man uns auseinandergerissen? Warum durfte ich nicht einmal ein Kind von dir haben, Rainer?
Doch sie bekam keine Antwort.
Lange dauerte es, bis sie sich erhob. In dem schmalen dunkelblauen Leinenkleid wirkte sie noch zerbrechlicher, als sie ohnehin schon war. Langsam ging sie durch die Allee zur Autobushaltestelle.
Helles Kinderlachen tönte da an ihr Ohr, und sie sah eine kleine Gruppe aus dem Wald herauskommen. Jetzt begannen sie zu singen.
Kathy hatte sich so sehr Kinder gewünscht von Rainer. Eine hübsche Wohnung hatten sie sich eingerichtet, wo für ein oder zwei Platz genug vorhanden gewesen wäre, und später hatten sie sich ein Häuschen bauen wollen.
Ihre und auch Rainers Eltern wollten dazu beisteuern.
Jetzt sah sie die Kinder kommen, und sie ging schneller. Etwa ein Dutzend Kinder waren es, die noch nicht im Schulalter sein mochten. Die Kindergärtnerin versuchte gerade, zwei Buben auseinanderzubringen, die plötzlich