
97 – Wenn auch die Seele verwundet
»Fahr doch nicht so schnell, Bea!«, bat Sandra Bürklin ihre Schwester. »Wollen wir nicht anhalten und uns in Ruhe unterhalten? Ich will nicht mit dir streiten, wir können uns bestimmt einigen.«
»Das könnte dir so passen!«, fauchte die um zwei Jahre Ältere sie an. »Ich muss um sechs Uhr in München sein, und du wirst mich nicht daran hindern.«
»Dann lass mich aussteigen. Es bringt nichts, wenn du mich anschreist. Es ist besser, unsere Wege trennen sich.«
»Du hast ja alles erreicht!«, höhnte Beate Dirksen. »Du hast Tante Hanna beerbt, du wirst einen reichen Mann heiraten, ein Leben in Saus und Braus führen …«
»Hör endlich damit auf, so ist es doch gar nicht. Ich will immerhin mit dir teilen, Bea. Ich kann schließlich nichts dafür, dass Tante Hanna mich bevorzugt hat. Himmel, pass auf!«, schrie Sandra auf, und dann krachte es auch schon.
Es geschah zehn Minuten vor sechs Uhr an einem Dienstag im Oktober. Am Unfallort sah es schrecklich aus. Drei demolierte Autos waren ineinander verkeilt. Drei Tote und zwei Schwerverletzte wurden geborgen, eine davon brachte man in die Prof.-Kayser-Klinik. Niemand wusste zu diesem Zeitpunkt, wer sie war. Die Personalien der Toten und Verletzten mussten erst noch ermittelt werden.
In der Prof.-Kayser-Klinik geschah alles, um das Leben der jungen Frau zu retten. Sie war schwer verletzt. Rippen und beide Arme waren gebrochen, sie hatte Kopf- und Gesichtsverletzungen davongetragen, möglicherweise auch innere Blutungen, die jedoch nicht so schnell festzustellen waren. Am linken Ringfinger trug sie einen schmalen brillantbesetzten Ring, der gewiss teuer gewesen war. Ihre