
155 – Ein Unglück kommt nicht immer allein
Der Himmel schien auch mit geplagten Chefärzten Mitleid zu haben, denn ein warmer Wind hatte alle Wolken fortgeblasen. Blau und klar war die Luft, und die Farben der Blumen leuchteten in den hellsten Tönen.
Es war ein Tag wie aus dem Bilderbuch, und es gab sehr viele Menschen, die in ihren Werkstätten, in den Werkshallen und Büros hockten und dann und wann einen sehnsüchtigen Blick zum Fenster hinauswarfen. Wenn das gute Wetter doch nur bis zum Wochenende anhalten würde, mochten sie wohl denken.
Dr. Leon Laurin, der angesehene Chefarzt der Prof.-Kayser-Klinik, ein gut aussehender, stattlicher und erfolgsgewohnter Mann, verspürte solche Sehnsucht nicht, denn an diesem Nachmittag fand ja keine Sprechstunde in der Klinik statt, und da es außerdem momentan keine dringenden Fälle gab, konnte er es sich sogar leisten, mal alle viere von sich zu strecken und die friedliche Stille zu genießen, die ihn umgab.
Er saß auf der Terrasse des hübschen Hauses, das die Laurins in einem waldreichen Münchener Vorort bewohnten, ließ sich von der Sonne wärmen und dachte an gar nichts. Er schaute der Hausamsel zu, wie sie über den Rasen lief und nach Regenwürmern suchte, er blickte einem Flugzeug nach, das soeben in Riem gestartet war und sich nun röhrend und donnernd immer höher in den blauen Himmel erhob, und er dachte, dass er mit seinem bisherigen Leben mehr als zufrieden sein konnte.
Dazu hatte er auch allen Grund.
Die Arbeit in der Prof.-Kayser-Klinik, die er von seinem Schwiegervater übernommen hatte, machte ihm, obwohl sie sehr anstrengend war, viel Freude. Er hatte