
116 – Sie lügen!
Im Wartesaal des Münchener Hauptbahnhofs saß eine junge Frau und starrte konsterniert auf eine Zeitung, auf der ein Foto abgebildet war, das eine Frau zeigte, die ihr selbst verblüffend ähnlich sah.
Zehntausend Euro Belohnung demjenigen, der weiß, wo sich Isabel Weltin aufhält. Bitte Nachricht an Carlotta Weltin.
Dazu war eine Telefonnummer abgedruckt.
Die junge Frau fuhr sich über die Augen. In ihrem schmalen sonnengebräunten Gesicht brannten dunkle Augen, die umschattet waren. Das glatte blauschwarze Haar fiel strähnig auf die Schultern. Sie war in Jeans und einen blaugrauen Anorak gekleidet, der nicht mehr allzu sauber war. Ihr einziges Gepäck bestand aus einem prall gefüllten Rucksack.
Sie faltete die Zeitung zusammen, die jemand vergessen zu haben schien, und erhob sich.
»Zahlen«, sagte eine barsche Stimme.
Die junge Frau blickte auf und sah den Ober verwirrt an. Dann nahm sie aus der Jackentasche einen zerknitterten Geldschein.
Er sah sie mit einem scharfen Blick an und gab ihr das Wechselgeld. Dann verließ sie den Wartesaal und ging langsam hinaus ins Freie.
Carlotta Weltin, Isabel Weltin … Die beiden Namen kreisten in ihrem Kopf. Sie suchte eine Telefonzelle und schlug das Telefonbuch auf. Sie fand den Namen Weltin, dahinter ein C. Die Telefonnummer, die in der Zeitung angegeben war, stimmte, aber sie interessierte sich für die Adresse.
Wie in Trance ging sie schließlich zum Taxistand. Sie zeigte dem Chauffeur den Zettel mit der Adresse und fragte, wo das sei.
»Weit draußen, das wird ziemlich teuer«, erwiderte er, nachdem er sie kurz gemustert hatte.
Sie kramte wieder in ihrer Tasche und holte einen Schein hervor. »Reicht das?«,