
6 – Keine Angst vorm bösen Wolf
»Mama! Mama! Hilfe! Ein Wolf, ein Wolf!« Laut schreiend und ohne rechts und links zu blicken, rannte der kleine Hubert Leutner durch den Ort. Die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben, und er achtete nicht auf die überraschten Reaktionen der Leute um ihn herum. Er wollte nur so schnell wie möglich hinüber zur Poststelle, in der seine Mutter arbeitete. »Ein Wolf! Ein Wolf!« Der kleine Junge wurde von vier anderen Kindern begleitet, die ebenso laut und aufgeregt waren wie er. Mit einem spürbaren Rums rannte Hubert in eine ahnungslose Passantin hinein, die eben aus dem Lebensmittelgeschäft gekommen war.
»Hoppla!«, rief sie überrascht. »Wer ist dir denn auf den Fersen?«
»Ein Wolf!«, schrie Hubert und wollte an der jungen Frau vorbei flitzen, aber sie legte ihm die Hände auf die Schultern und hielt ihn sanft zurück.
»Ein Wolf? Wo hast du den denn gesehen?«, fragte sie nach.
»Na, im Wald!« Der Kleine fuchtelte mit den Händen durch die Luft und wies aufgeregt in die Richtung, aus der er gekommen war. Was Erwachsene aber auch für dumme Fragen stellen konnten!
Die Fremde schaute ihn eindringlich an. »Im Wald also. Und wie hat der Wolf ausgesehen?«
»Groß! Und grau!«, antwortete der Junge.
»Braun und ein bisschen schwarz!«, ergänzte einer seiner Freunde.
»Der war riesig, und er hat geknurrt!«, fügte eine Kleine mit Sommersprossen hinzu.
»Ja, und den Hubi gebissen hat er!«, übertönte sie eine andere. »Fast!«
»Moment mal!« Der Tonfall der jungen Frau wurde sehr ernst. »Bist du wirklich von einem Tier gebissen worden?«
»Ja, haben Sie denn das nicht verstanden? Das hat die