
100 – Die schöne Helena
»Das gibt’s doch nicht!«, rief Konstantin von Storz, nachdem er lange ein Dokument studiert hatte, das ihm durch glückliche Umstände in die Hände gefallen war. Sein Freund Oliver Freidank hatte es ihm gebracht, weil er wusste, dass Konstantin sich für Ahnenforschung interessierte. Aus der alten Urkunde ging zweifelsfrei hervor, dass die Familien Storz und Sternberg durch – allerdings sehr entfernte – verwandtschaftliche Bande verknüpft waren: Eine von Konstantins Urgroßtanten mütterlicherseits war mit einem Sternberg verheiratet gewesen.
Oliver Freidank lachte, als er Konstantins unverhohlene Freude sah. »Ich dachte mir gleich, dass dir das gefällt. Du wusstest also nichts davon?«
»Keine Ahnung hatte ich, und ich wette mit dir, auf Schloss Sternberg weiß es auch niemand. Na ja, die interessieren sich vermutlich auch nicht unbedingt für solche Geschichten. Die meisten können ja mit meinem Hobby nichts anfangen und verstehen überhaupt nicht, wieso ich mich so gerne in alte Urkunden vertiefe. Du bist da eine rühmliche Ausnahme.«
Die beiden Freunde waren nicht nur äußerlich sehr verschieden. Konstantin war ein großer Schlanker mit dichten dunkelblonden Haaren, die er fast immer so lang trug, dass sie ihm in die Stirn fielen. Er war nicht im klassischen Sinne gut aussehend, dennoch fanden ihn viele Frauen unwiderstehlich, weil er lebhaft und charmant war und meistens gute Laune hatte. Oliver dagegen war ein dunkler, eher untersetzter, kräftiger Typ, der die Ruhe weg hatte und lieber zuhörte als selbst zu sprechen. Er unterrichtete an einem Gymnasium Deutsch und Geschichte, während Konstantin ein wenig widerwillig in die väterliche Anwaltskanzlei eingetreten war. An der